Firma Georg Kramer jun.
1826:
Christian Friedrich Georg Kramer (29.7.1800 – 12.8.1870) gründet die Firma „G. Kramer jun.“ in Ribnitz.
Sein Vater Georg Kramer (gest. 1835 in Rostock) war Gelbgießer und arbeitete wohl auch als Kupferstecher und Silberschmied. Hieraus resultiert vermutlich die von Walter Kramer immer wieder angeführte Jahreszahl 1771.
1864:
Der Sohn Georg Friedrich Adolf Kramer übernimmt das Geschäft als Goldarbeiter.
1896:
Übernahme des Geschäfts durch Friedrich Ludwig Georg Kramer, dem Sohn Friedrich Kramers. Er nannte sich nun Kloster Goldschmiedemeister.
1932:
Walter Kramer (1902-1990) übernimmt die Firma „G. Kramer jun.“ von seinem Vater.
1916 verließ er die Realschule, um sich freiwillig zur Front zu melden. Später holte er sein Schulabschlussexamen nach und war dann in der Landwirtschaft tätig. Erst später erlernte er den Beruf des Goldschmieds von seinem Vater. Über die Art und den Umfang der Ausbildung ist wenig bekannt. Ein Gesellen- oder Meisterbrief ist nicht nachweisbar und wird auch später nicht bei Wettbewerben und Ausstellungen erwähnt.
Wie er in einem kurzen Lebenslauf 1941 ebenfalls erwähnt, büßte er nach einer „schweren Körperverletzung an einem bekannten Juden“ eine Gefängnisstrafe und wurde im Freikoprs Rossbach aktiv. Im September 1923 kam er „erstmals mit dem Führer zusammen“. Weiterhin beschreibt er in diesem Lebenslauf, wie ihm Missgunst aufgrund seiner Verbindung zu völkischen Kreisen entgegengebracht wurde.
Inwieweit Kramer tatsächlich vom „völkischen Gedankengut“, dem Antisemitismus und Nationalsozialismus überzeugt war oder 1941 sein „Fähnchen nur geschickt in den Wind halten“ wollte, ist nicht ganz klar. Später in seiner Biographie jedoch richtet er seine Haltung und Meinung jedoch mehrfach nach der jeweils herrschenden politischen Strömung aus und passt seine persönliche Biographie mehrfach an.
In vielen Berufen gescheitert und verarmt, trat er also in die Fußstapfen seines Vaters und übernahm früh dessen kleines Geschäft.
1938: Entwicklung des heute bekannten Fischlandschmucks. Seesterne, Möwen, Bernstein, Fische und Schiffe inspirieren Kramer zum neuen Design. Kramer arbeitet vor allem in Silber.
Einführung der Bogen-Marke („GK“ im gotischen Fenster)
1940: Erweiterung des Betriebs und Angliederung einer eigenen kleinen Bernsteinschleiferei. Bis 1940 hat Kramer klare cognacfarbene Cabochons mit Krustenresten auf der Unterseite aus einer Schleiferei in Idar-Oberstein bezogen. Bei einigen Stücken wurde rückseitig ein Insekt eingraviert, eine Mode, der er bis in die 1950er Jahre treu blieb.
1941:
Kramer hatte es geschafft, durch frühzeitiges Engagement im Umfeld der „nationalsozialistischen Bewegung“ Beziehungen bis in die höchsten Regierungskreise zu knüpfen.
1941 erhielt er mit seinem neuen Fischlandschmuckdesign den Preis für Plastik und Kunsthandwerk der „Stiftung zur Förderung des niederdeutschen Kulturschaffens“. Seine Produkte konnte er auch in einer kleinen Ausstellung im Städtischen Museum in Rostock zeigen. In den Jahren davor und danach gewann Kramer zahlreiche Preise für sein neues Design.
Seine Produkte wurden zunehmend populär, fanden Käufer und der Betrieb musste vergrößert werden. Die Erfolgsgeschichte des berühmten Fischlandschmucks nahm ihren Anfang.
2. Weltkrieg:
Die Produktion läuft weiter. Kramer stellt u.a. Zuarbeiten für die „Walter Bachmann Flugzeug KG“ her sowie Orden und Ehrenzeichen.
Aufgrund des deutschen Facharbeitermangels stellt Kramer dänische Facharbeiter ein, die freiwillig und mit regulärer Entlohnung arbeiten.
Das Kriegsende erlebte Walter Kramer weitgehend unbeschadet.
Für die russische Besatzungsmacht fertigte sein Betrieb Koppelschlösser aus Messingkartuschen (Munition) und konnte auf diese Weise den eigenen Betrieb wieder aufbauen. Auch Vasen, Kannen und medizinische Instrumente wurden aus den ausrangierten Messingkartuschen angefertigt.
Als die Nachfrage von Koppelschlössern und Uniformknöpfen einbrach, stellte Kramer ab April 1946 die Schmuckproduktion auf das neue Material um. Bernstein war nur wenig verfügbar. Also wurden die Formen des Fischlandschmucks umgewandelt. Es entstanden einfache Arbeiten aus Buntmetall, Gliederarmbänder und Broschen mit Fischlandmotiv und Anhänger, zum Teil in versilberter Ausführung. Dieser Schmuck wurde zum Massenartikel, der auch international viel Erfolg hatte.
Firma Georg Kramer jun. und Fischlandschmuck GmbH
1946:
120jähriges Jubiläum der Firma „G. Kramer jun.“. Im selben Jahr gründet er die zusätzlich die „Fischlandschmuck GmbH“. Die „Fischlandschmuck GmbH“ wuchs schnell auf über 80 Beschäftigte und es wurde an 5 Standorten gefertigt. Beide Firmen zusammen hatten etwa 150 Beschäftigte.
1947/ 1948:
Seit März 1947 stehen die Unternehmungen Walter Kramers unter Zwangsverwaltung. Durch seine engen Beziehungen zu den Nationalsozialisten und durch die wirtschaftlich florierenden Firmen geriet er ins Fadenkreuz der neuen politischen Verhältnisse. Nach der Anschuldigung massiver Steuerhinterziehungen wird Walter Kramer von beiden Firmen enteignet. Kramer hatte keinen direkten Zugriff mehr auf die Geschäfte und auch die Gesellschafter waren alle entlassen.
Zeitweise war er inhaftiert. Nach seiner Entlassung gelang ihm die Flucht in den Westen. Er folgte ehemaligen Mitarbeitern der „Fischlandschmuck GmbH“ , um dort neu anzufangen.
Zum 1. Juli 1948 wurde der „VEB Fischlandschmuck“ offiziell gegründet.
Mit Sicherheit ist zu vermuten, dass die Kennzeichnung FISCHLANDSCHMUCK frühestens ab April 1947 Verwendung fand, um den Namen „Kramer“ von den Produkten zu tilgen.
Neugründung "Georg Kramer jun." und VEB Fischlandschmuck
1948:
Kramer startet einen Neuanfang in Lübeck/ Travemünde. Er produziert den Fischlandschmuck unter dem alten Namen „G. Kramer jun.“ weiter. Auch Gestaltungselemente der Buntmetallvarianten wurden in der Folgezeit in Silber aufgelegt.
Zeitgleich war der „VEB Fischlandschmuck“ v.a. im Ausland besonders erfolgreich mit den alten Fischlandmodellen.
In den folgenden Jahren kämpft Walter Kramer mit allen Mitteln um Unterlassung zur Verwendung des geschützten Namens „Fischlandschmuck“ durch den „VEB Fischlandschmuck“.
Sommer 1949: Der Betrieb „VEB Fischlandschmuck“ baut eine moderne Bernsteinschleiferei auf. Im gleichen Jahr wurde die Produktion von Messingschmuck zugunsten einer enorm beworbenen Silberschmuckfertigung eingestellt und die Produktion von „Bernsteinkörperschmuck“ erheblich erweitert. Es erschien der erste Verkaufskatalog der „VEB Fischlandschmuck“, der vor allem die alten Modelle und Formen anbot.
Von nun an wird ein Fisch zum Firmen-Signet. Es wird eine Flunder im Quadrat gestempelt, die anfänglich leicht variierte und in alten Schmuckfachbüchern von Christianne Weber irrtümlich Louis Vausch zugeschrieben worden ist.
1958:
Der „VEB Fischlandschmuck“ wechselt sein Logo. Von 1958 bis 1990 wird fortan der stilisierte Fisch verwendet.
VEB Ostseeschmuck
1961:
Walter Kramer gewinnt die Klage vor dem Münchner Patentgericht. Der „VEB Fischlandschmuck“ muss sich in „VEB Ostseeschmuck“ umbenennen. Der vormals „Fischlandschmuck“ wurde in leicht variierter Form als „Ostseeschmuck“ weiter produziert.
Und so ging es weiter...
1987:
Walter Kramer blieb bis 1987 Inhaber der Firma „G. Kramer jun.“ in Travemünde. Hier starb er 1990.
Die Stieftochter Walter Kramers, Andrea Böbs, übernimmt gemeinsam mit ihrem Ehemann Hans H. Böbs die Marke „Fischlandschmuck“.
2009:
Seit Dezember 2009 sind die Rechte an der Marke „Fischlandschmuck“ wieder in Ribnitz. Uta Erichson führt die Tradition weiter.
Im April 1992 erfolgte erneut die Privatisierung. Die OSTSEE SCHMUCK GMBH wurde gegründet. Damit verbunden war eine Neuorganisation des Unternehmens mit einer Ausrichtung der Schmuckproduktion am Weltmarkt.
Neben der Herstellung von hochwertigem Gold- und Silberschmuck, prägte vor allem die vielfältige Be- und Verarbeitung von Bernstein den Erfolg der folgenden Jahre.
Die OSTSEE-SCHMUCK GMBH gehört immer noch zu einem der größten Schmuckproduzenten der neuen Bundesländer.
Mit der Eröffnung des neuen Firmensitzes am 9. Juni 2000 wurde das Geschäftsfeld erweitert - die Schaumanufaktur mit ihrer Gläsernen Produktion als touristische Attraktion.
Quelle: www.ostseeschmuck.de
AKTUELL existieren demnach zwei von einander unabhängige Firmen: Die 1771 gegründete Firma "Georg Kramer jun." sowie die 1992 gegründete Ostsee Schmuck GmbH.
Quelle: Attula, Axel: Fischlandschmuck. Walter Kramer. Ribnitz. Deutsches Bernstein Museum Kloster Ribnitz (Hrsg.); Thomas-Helms-Verlag, 2019.